2015 habe ich mir von QNAP das NAS TS-451 gekauft. Ich fand’s einerseits immer wichtig, dass die Daten zentral liegen und keine Festplatten durch die Gegend getragen werden. Andererseits beherberge ich jedoch keine großen Mengen an Daten. Insofern waren 2x3 TB im RAID 1-Verbund für mich ausreichend, aber es hätte eigentlich auch ein NAS mit 2 Bays gereicht. Problem war jedoch, dass die Rechenleistung, wenn ich mal eine x86-VM starten wollte, wirklich äußerst mau war und das Teil ewig gebootet hat. Insbesondere habe ich demletzt jedoch angefangen, meinen ganzen Papierkram mit paperless-ngx zu digitalisieren. Speziell das OCR war hier doch ziemlich langsam. Es sollte also eine neue Lösung her, die einerseits energiesparend und eher klein ist, andererseits aber auch bisschen Rechenleistung hat wenn ich sie mal brauche. Und zudem wollte ich keine Features bezahlen, die ich nicht nutze. Kurzum: die eierlegende Wollmilchsau.
Die an für sich einfachste Lösung wäre gewesen, wieder QNAP (oder Synology) zu nehmen, jedoch muss ich zugeben, dass ich mit der Oberfläche nie so wirklich warm geworden bin. Der Unterbau ist Linux, man kann sich auch per SSH einloggen und „Kram“ über die Shell machen. Aber da hier letztlich eine stark angepasste Linux-Distribution läuft, sind die Möglichkeiten im Vergleich mit Debian & Co doch ein bisschen eingeschränkt. Man kann das mit Docker-Containern zwar ein Stück weit kompensieren, aber oft war es doch irgendwie umständlich. Und so wirklich günstig sind diese ready-to-use-NAS auch nicht. Wobei ich einwerfen muss, dass das o.g. NAS bis zuletzt mit Updates versorgt wurde. Ist vermutlich also eher eine persönliche Präferenz.
Also im Grunde war es mind. latent recht früh klar, dass es Richtung Selbstbau gehen würde. Allerdings habe habe ich auch keine 10 Platten oder so laufen, weswegen ich die Hardware-Flexibilität, die man beim Selbstbau normalerweise schätzt, für mich nicht wirklich ein Kriterium war. An für sich wäre ein Raspberry Pi für mich an dieser Stelle denkbar, aber ich schrieb ja, dass ich auch mal eine x86-VM virtualisieren möchte und punktuell auch mehr Rechenleistung möchte.
Mehr oder weniger zufällig gelandet bin ich dann bei Lenovo Thinkcentre M, von dem es unendlich viele Modelle gibt. Im Tiny-Format sind diese sehr kompakt und lassen sich ganz einfach öffnen: Eine Schraube hinten rausdrehen. Dann kann man den Deckel abnehmen und wenn diesee weg ist, kann man den Deckel unten rausziehen. Grandios! Angestachelt durch diesen Thread bin ich dann beim M910x gelandet, da dieser einerseits als Barebone sehr günstig zu haben ist und andererseits zum 2,5"-SATA-Anschluss an der Oberseite unten noch zwei NVMe-Anschlüsse besitzt. Insbesondere die zwei NVMe-Anschlüsse unten sind das Alleinstellungsmerkmal, da die meisten Thinkcentre nur einen haben oder aber deutlich teurer sind (z. B. M920x). An für sich sind die Erweiterungsmöglichkeiten so ein bisschen begrenzt, aber wie man hier sieht, kann man es da potentiell ganz schön wild treiben, wenn man keinen Wert drauf legt, dass der Deckel auch wieder zugeht.
Ich habe dem Ganzen dann noch 16 GB RAM (es ginge auch mehr, aber brauche ich nicht) von Samsung spendiert (38 €) und zusätzlich eine 120 GB SSD, die ich eh noch hier hatte und die als System-SSD für Openmediavault dient. Openmediavault ist letztlich ein Debian, welches jedoch aus Komfortgründen ein Web-UI besitzt, welches auf NAS-Betrieb zugeschnitten ist. Ich hatte überlegt, ob ich einfach plain Ubuntu LTS installiere und alles per Hand konfiguriere. Ich muss aber doch zugeben, dass es auf diese Weise schneller ging. Zur Datenspeicherung dient eine NVMe-SSD mit 4 TB (kein Schnäppchen). Auf ein Raid 1 habe ich diesmal verzichtet, da Ausfallsicherheit für mich hier keine hohe Priorität hat.
Stattdessen ist es für mich SEHR wichtig, ein ordentliches Backup zu haben: Das mache ich einerseits mit drei HDDs, auf die, sobald ich sie per USB anschließe, die Daten synchronisiert werden. Andererseits werden per Borg Backup die Daten dedupliziert, verschlüsselt und inkrementell zu Hetzner gesichert.
Ergebnis:
- Strombedarf gering: tatsächlich nur ca. 9 bis 10 W im Leerlauf (mein altes NAS mit zwei HDDs lag ca. beim Doppelten)
- Kein Bastelaufwand: Man muss nur eine Kreuzschlitz-Schraube aufdrehen und am Ende wieder zudrehen. Nicht mal für den Einbau einer 2,5"-SSD braucht man Werkzeug.
- Sehr leise und sehr kompakt: Könnte man auch problemlos in’s Wohnzimmer stellen.
- Openmediavault war schnell eingerichtet. Es pfuscht nicht unnötig im System rum, so dass auch ich als Linuxer vollends mit der Integration zufrieden bin.
- Für Mac-User: Openmediavault unterstützt auch Backups via Time Machine.
Wem also ein klassiches NAS tendenziell eher zu groß und/oder zu teuer ist und andererseits der Raspi (ich liebe Raspis!) eher zu klein, der/die sollte sich diese Lösung mal anschauen. Bin total begeistert und hätte im Vorfeld nicht gedacht, dass man das mit so wenig Strombedarf betreiben kann.